Cluster-Kopfschmerz ist eine der schwersten Schmerzerkrankungen des Menschen. Es eskalieren unvermittelt unvorstellbar schwerste Schmerzattacken von 15-180 Minuten Dauer einseitig im Augenbereich, der Stirn oder der Schläfe. Die Häufigkeit beträgt bis zu acht Attacken pro Tag.
Zusätzlich zu den Schmerzen treten Augenrötung, Augentränen, Verstopfung der Nase, Nasenlaufen, vermehrtes Schwitzen im Bereich von Stirn und Gesicht, Verengung der Pupille, Hängen des Augenlides, Schwellung der Augenlider und körperliche Unruhe mit Bewegungsdrang auf.
Die Attacken erscheinen während einer bestimmten Zeitspanne gehäuft, meist über eine aktive Periode von ca. sechs Wochen. Die englische Sprache spricht vom Cluster-Kopfschmerz, wörtlich übersetzt vom „Haufen”-Kopfschmerz.
Bei einem Teil der Betroffenen liegen zwischen diesen zeitlich gruppierten Kopfschmerz-Attacken kopfschmerzfreie Wochen oder Monate. Andere kennen solche kopfschmerzfreien Intervalle nicht.
Die Erkrankungshäufigkeit des Cluster-Kopfschmerzes in der Gesamtbevölkerung beträgt nach verschiedenen Studien ca. 1 %. Im Durchschnitt dauert es nach einer Erhebung der Cluster-Kopfschmerz- Selbsthilfegruppen (CSG) in Deutschland acht Jahre, bis die zutreffende Diagnose gestellt wird.
Cluster-Kopfschmerz schmerzt unermesslich. Zusätzlich unerforscht, undiagnostiziert und unbehandelt ist er eine der bösartigsten und gleichzeitig nutzlosesten Schmerzerkrankungen des Menschen.
Soziale Isolation, Persönlichkeitsänderung, Angst, Depression, Mutlosigkeit, Wut, Trauer, Verzweiflung, Aufgabe des Lebenswillens heißen seine vielfältigen Begleiter.
Dabei kann Cluster-Kopfschmerz in der Regel schnell diagnostiziert werden. Und es gibt sehr wirksame Behandlungsmöglichkeiten. Jedoch: Adäquate Diagnosen werden oft sehr spät oder gar nicht gestellt, effektive Therapien bleiben daher aus oder werden erst nach vielen qualvollen Jahren einer Schmerz-Odyssee und schwerwiegenden Komplikationen eingeleitet. Auch so können unüberwindbare Hinderungsgründe einer effektiven Behandlung entstehen, die bei rechtzeitiger Therapie oft zu vermeiden gewesen wären. Andere müssen entmutigende Kämpfe um wissenschaftlich gesicherte Therapien durchstehen und schließlich aufgeben: Wirksame Therapien sind zwar bekannt und in Leitlinien beschrieben, aber für den Schmerz ohne Namen oft nicht zugelassen. Auch in der Aus- und Weiterbildung findet sich dieser Schmerz ohne Worte nur marginal – wenn überhaupt. Das Schwerbehindertenrecht kennt den Schmerz ohne Recht nicht. So trotzt er allzu oft heimtückisch und unüberwindlich mit überstarker Wehr erhoffter Linderung. Und Betroffene leiden weiter, alleine, ohne Zuversicht, unheilvoll an sinnlosen Schmerzattacken in Verzweiflung und kalt erstorbener Hoffnung.
Die deutsche Sprache kennt keinen Namen für diese Schmerzen. Es ist der Schmerz-Namenlos, Schmerz-Analphabetismus.
Matthias Kempendorf hat ihn erleben müssen. Er hat neue ergreifende und bewegende Worte für und gegen den Schmerz-Namenlos gefunden. Seine Texte zeigen: Wo Worte sind, entstehen Fragen, Antworten, Wege und Zuversicht.
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Matthias Kempendorf hat dieser Schmerzkrankheit ein “Denk-mal” im wahrsten Sinne des Wortes gesetzt.
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Patrick Süskind: Amnesie in litteris
Cluster-Kopfschmerz: Übersicht
Hallo Matthias,
Deine Gedanken zu unserer Krankheit sind sehr ausdrucksstark – sehr schmerzgeprägt, hast Du sie während einer sensiblen Phase aufgeschrieben?
Ich leide seit 10 Jahren an Cluster (heute bin ich 35), hatte das große Glück gleich die richtige Diagnose gestellt zu bekommen – ein absoluter Glücksfall! Ich habe seither immerwieder jahrelange beschwerdefreie Phasen, doch jetzt bin ich seit zwei Monaten zuhause – ich hatte 6 Wochen lang fast tgl. eine Schmerzattacke, hinzu kam jetzt noch eine Okzipitalisneuralgie die man medikamentös nicht wirklich behandeln kann!
Cluster ist einfach Hölle! Bei Schmerzattacken benutze ich Imigran Injekt! Ab und zu lasse ich die Schmerzattacken über mich ergehen – wenn ich wütend bin auf den Cluster und stärker sein will als er!!!
Dann breche ich aus dieser Schmerzhölle aus und fühle mich überlegen – das gibt mir wieder die Hoffnung und die Kraft zu Glauben, dass bald andere Zeiten kommen!
Dann habe ich wieder mein Lachen, meine strahlenden Augen, den Schalk im Nacken und der Cluster ist weit, weit weg…
Momentan denke ich über einen Aufenthalt in einer Schmerzklinik nach. Ich brauche neue Denkansätze um mit den Dauerschmerzen besser umzugehen.
Ich wünsche allen Cluster Patienten, dass Sie trotz der Schmerzen die schönen Seiten des Lebens nicht vergessen!
Liebe Grüße
Giuseppina
Lieber Matthias Kempendorf
Auch mich haben Ihre Worte sehr berührt und vor allem wiederspiegeln sie genau meine Erfahrungen. Ich leide seit 1978 (damals war ich 20) an Cluster – allerdings habe ich die Diagnose erst seit 2004! Vorher wurde ich mehr oder weniger – auch von den unzähligen Ärzten, die ich aufgesucht habe – als Simulantin bezeichnet, der nichts fehlt, da man ja nichts sieht, und die “Einbildung” der Schmerzen allenfalls noch auf psychische Probleme zurückzuführen sein könnte. Erst vor fünf Jahren, als ich von nicht mehr enden wollenden Attacken täglich heimgesucht wurde, fand ich endlich einen Arzt, der erkannte, dass ich an Cluster leide und der mir auch sehr geholfen hat. Ich habe das Glück, dass ich manchmal bis zu 2 Jahre schmerzfrei bin. Dann vergesse ich all die Qualen. Aber der Cluster lässt nicht locker und plötzlich überfällt er mich wieder: unangemeldet, unvorhersehbar, unerbittlich und hartnäckig über mehrere Wochen. Aber ich glaube immer noch daran, dass es irgendwann einmal ganz aufhört.
Herzliche Grüsse
Evelyne Zingg
1999 hatte ich meine erste Episode, seit Mitte 2000 Cluster-Kopfschmerz chronisch, die Diagnose war 2005. Die Texte von Matthias Kempendorf sind absolut auf den Punkt genau treffend formuliert. Danke!
Herzliche Grüße,
Friedrich
Lieber Matthias Kempendorf,
Ihre Worte haben mich sehr berührt und betroffen gemacht. Als “nur” Migränepatientin kann man sich wohl keine Vorstellungen machen von der Intensität dieses Vernichtungsschmerzes. Mit Ihren bewegenden Worten ist Ihnen gelungen, was eine rein medizinisch orientierte Schilderung der Symptome niemals vermag: dieser Schmerz bedeutet Isolation, Hilflosigkeit, Verzweiflung und oft auch Selbstaufgabe.
Ich wünsche Ihnen so sehr, dass Sie in der Schmerzklinik die Hilfe bekommen konnten, die es Ihnen ermöglicht, wieder ein planbares Leben mit Zukunftsperspektiven führen zu können.
Mitfühlende Grüße
Bettina Frank