Pressemitteilung der STIKO vom 30.03.2021: „Die Aufgabe der STIKO ist es, alle wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen kontinuierlich zu bewerten und daraus Empfehlungen abzuleiten. Dies gilt natürlich auch, wenn neue Erkenntnisse zur Sicherheit eines Impfstoffes gewonnen werden, die vorher nicht vorlagen, da die Anzahl geimpfter Personen in den Zulassungsstudien nicht ausreichte, um diese zu erkennen.
Nach mehreren Beratungen hat die STIKO auch unter Hinzuziehung externer Expert:innen mehrheitlich entschieden, auf Basis der derzeit verfügbaren Daten zum Auftreten seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen die COVID-19 Vaccine AstraZeneca nur noch für Personen im Alter ab 60 Jahren zu empfehlen, da diese Nebenwirkung 4 bis 16 Tage nach der Impfung, ganz überwiegend bei Personen im Alter <60 Jahren auftraten.

Hinsichtlich der Frage der Verabreichung der zweiten Impfstoffdosis für jüngere Personen, die bereits eine erste Dosis der COVID-19 Vaccine AstraZeneca erhalten haben, wird die STIKO bis Ende April eine ergänzende Empfehlung abgeben. Da die Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff Anfang Februar begonnen wurde, sind bei einem empfohlenen Impfabstand von 12 Wochen die ersten Zweitimpfungen Anfang Mai vorgesehen.

Der abgestimmte Beschlussentwurf und die wissenschaftliche Begründung befinden sich aktuell im Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und den betroffenen Fachkreisen. Die Verabschiedung des Beschlusses wird nach Prüfung der Rückläufe und erneuter Beratung der STIKO am Donnerstag, den 01.04.2021, erfolgen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass sich nach dem Stellungnahmeverfahren noch Änderungen an dem Empfehlungsentwurf ergeben.“

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat den Sachverhalt geprüft und am 18. März 2021 empfohlen, weiter mit dem Impfstoff von AstraZeneca zu impfen. Die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben am 18. März 2021 beschlossen, die Impfungen mit dem Impfstoff von AstraZeneca ab dem 19. März 2021 wieder aufzunehmen.   Begründet wurde das Vorgehen damit, dass die Vorteile des Impfstoffs bei der Bekämpfung der immer noch weit verbreiteten Bedrohung durch COVID-19   das Risiko von Nebenwirkungen weiterhin überwiegen. In den Produktinformationen wurde ein Warnhinweis aufgenommen.

Ein Rote-Hand-Brief vom 24.3.2021 erläutert: „Die Geimpften sollten angewiesen werden, sofort einen Arzt aufzusuchen, wenn sie nach der Impfung Symptome wie Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Beinschwellungen oder anhaltende Bauchschmerzen entwickeln. Außerdem sollten alle Personen, die nach der Impfung neurologische Symptome aufweisen, wie starke oder anhaltende Kopfschmerzen oder verschwommenes Sehen, oder bei denen nach einigen Tagen auf der Haut Blutergüsse (Petechien) außerhalb des Verabreichungsortes der Impfung auftreten, umgehend einen Arzt aufsuchen.“

Download: Rote-Hand-Brief COVID-19 Vaccine AstraZeneca: Risiko von Thrombozytopenie und Gerinnungsstörungen

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, warum man in Deutschland die Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff auf Menschen unter 65 Jahre entgegen der Zulassung durch die EMA (European Medicines Agency) mit dem Hinweis auf zuwenige Wirksamkeitsdaten bei älteren Menschen beschränkt hat. Gerade junge Frauen im Gesundheitssystem, Krankenschwestern, Ärztinnen u.a., sind dadurch prioritär mit diesem Impfstoff behandelt worden. Welcher Nutzen ein zusätzlicher Warnhinweis im Beipackzettel auf die Komplikationen hat, wenn keine Alternativen zur Wahl gestellt werden, ist offen. Das wäre verständlich, wenn es keine anderen Optionen gegeben hätte. Diese waren jedoch mit Biontech/Pfizer u.a. Wirkstoffen verfügbar. Junge Frauen gehören nach den aktuellen Befunden zur besonderen Risikogruppe der beschriebenen Komplikationen. So hat am 29.3.2021 aktuell der Kreis Euskirchen mit sofortiger Wirkung beschlossen, nicht mehr Frauen, die jünger als 55 Jahre sind, mit dem AstraZeneca-Wirkstoff zu impfen. Auch die Uni-Klinik Rostock setzt nach ihrer Mitteilung vom 26.3.2021 nach einem Todesfall einer 49-jährigen Krankenschwester AstraZeneca-Impfungen für Menschen mit Bluthochdruck, Übergewicht sowie bei Frauen, die die Pille nehmen, aus. Ebenso das kanadische Expertengremium für die Corona-Impfkampagne empfiehlt aktuell die Aussetzung des Mittels von Astrazeneca für Menschen im Alter unter 55 Jahren. Nach einer Meldung vom 30.3.2021 setzen auch die landeseigenen Kliniken Charité und Vivantes in Berlin Impfungen mit dem Astrazeneca-Präparat für Frauen unter 55 Jahren aus. Nach Berlin kündigte auch die Stadt München am 30.8.2021 an, bis auf Weiteres keine Personen unter 60 mehr mit AstraZeneca zu impfen. Ebenso sprechsen sich am 30.3.2021 die Direktoren von fünf Universitäts-Kliniken in Nordrhein-Westfalen für einen vorläufigen Stopp von Impfungen jüngerer Frauen mit dem Impfstoff von AstraZeneca aus. Und ebenfalls heute am 30.3.2021 wurde von der Ständigen Impfkommission (Stiko) bekannt: „Auf Basis der derzeit verfügbaren, allerdings noch begrenzten Evidenz und unter Berücksichtigung der gegenwärtigen pandemischen Lage empfiehlt die Stiko, die Covid-19 Vaccine AstraZeneca für Personen im Alter über 60 Jahren zu verwenden. Ihr Einsatz unterhalb dieser Altersgrenze bleibt indes nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich. Hinsichtlich der zweiten Impfstoffdosis für jüngere Personen, die bereits eine erste Dosis der Covid-19 Vaccine AstraZeneca erhalten haben, wird die Stiko bis Ende April Stellung nehmen.“