Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Schmerzmedizin informiert über die Anwendung der Migräne-App in der Versorgung von Migräne- und Kopfschmerzerkrankungen. (Download Migräne-App Schmerzmedizin 05 2020). Die Migräne-App unterstützt Patienten mit chronischen Kopfschmerzen, ihren Krankheitsverlauf digital genau zu dokumentieren, mit wenigen Klicks zu analysieren und zu kontrollieren. Eine Übersicht über die einzelnen Funktionen und die Menüstruktur gibt Tabelle 1. Die Migräne-App gibt den Nutzer Rückmeldungen und Informationen aus den analysierten Daten. Sie schlägt auf der Grundlage der eingegebenen individuellen Daten Verhaltensmaßnahmen vor. Überschreitet der Nutzer beispielsweise die maximal erlaubte Akutmedikation von höchstens neun Tagen im Monat, erhält er einen Warnhinweis. Den Patienten stehen zudem umfangreiche Informations- und Selbsthilfetools zur Verfügung. Damit können sie u.a. ihr Chronifizierungsrisiko bestimmen und reduzieren, einen Schmerzspezialisten in der Nähe über ein Navigationstool finden oder unter Anleitung Progressive Muskelentspannung in verschiedenen Versionen trainieren. In Experten-Live-Chats können sie Fragen an Kopfschmerzexperten richten und zielführende Antworten erhalten.

Die Nutzung der Migräne-App erfordert einen informierten Patienten, der seine Kopfschmerzform im Alltag differenzieren kann. Da auch der Patient im Alltag wissen muss, bei welcher Kopfschmerzform er welche Akuttherapie oder sonstige Behandlungsmaßnahmen einsetzt, ist die Unterscheidung des Kopfschmerzphänotyps für ein professionelles Behandlungsgeschehen Voraussetzung. Daher muss die digitale Versorgungsanwendung auch nicht sämtliche Merkmale des Kopfschmerzphänotyps für jeden Anfall prospektiv abfragen. Der Patient gibt die entsprechenden Merkmale im Menü „Schnelleingabe“ ein und dokumentiert die Schwere, die Dauer, die Art des verwendeten Akutmedikamentes sowie dessen Effektivität. Gleichzeitig dokumentiert er die Auswirkungen der Kopfschmerzen auf die Arbeitstätigkeit, Schule bzw. Studium, auf die Tätigkeit im Haushalt sowie auf die Tätigkeit in der Gesellschaft und Freizeit. Die Migräne-App erfasst dabei progressiv den Grad der Auswirkung auf diese Bereiche. Eine Einschränkung der Tätigkeit um mehr als 50% wird für die Erfassung des Grades der Beeinträchtigung durch Kopfschmerzen dokumentiert. Ebenfalls erfasst die Migräne-App, ob die Aktivität aufgrund der Kopfschmerzen für den jeweiligen Bereich komplett unmöglich gemacht wird. Betrifft dies die Arbeit, Schule oder Studium, wird ein Tag mit Arbeitsunfähigkeit (AU) registriert. Wird die Tätigkeit im Haushalt oder in der Freizeit komplett unmöglich gemacht, wird dies mit 100%iger Beeinträchtigung dokumentiert. Die Tage der Beeinträchtigung durch die Kopfschmerzen werden pro Monat summiert und in der letzten Spalte als GdBK-Punkte abgebildet, als Grad der Beeinträchtigung durch Kopfschmerzen. Somit erhalten Patient und Arzt ein direktes quantitatives Abbild der durch die Kopfschmerzen bedingten Auswirkungen im jeweiligen Monat. Dieser Score wird analog zum MIDAS-Score errechnet. Der MIDAS-Score erfasst die entsprechenden Beeinträchtigungen für den Zeitraum von drei Monaten rückblickend aus dem Gedächtnis. Es ist evident, dass der dadurch erhobene Wert wesentlich fehleranfälliger ist. Im Unterschied zum MIDAS-Score werden die Daten für die Ermittlung des GdBK fortlaufend prospektiv erhoben, so dass die Verlässlichkeit als höher anzusehen ist.

Die direkte Analyse der so erhobenen Verlaufsparameter kann direkt für die Therapieentscheidung herangezogen werden. Eine bedeutsame Abnahme der Migränetage pro Monat um mindestens 50% kann die Wirkung einer gewählten Kopfschmerzprophylaxe operational belegen. Der behandelnde Arzt kann direkt ablesen, ob z.B. das gewählte Medikament effektiv ist oder eine Therapieanpassung durch Dosissteigerung oder Umwechseln des Medikamentes erforderlich ist.