Kiel, 21. März 2022 – Die BARMER hat in Schleswig-Holstein seit Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes am 10. März 2017 bis Ende des vergangenen Jahres 778 Anträge auf cannabishaltige Arzneimittel erhalten. Davon wurden 485 Anträge, also 61,5 Prozent, bewilligt und 293 abgelehnt. Die Fallzahlen waren in den vergangenen beiden Jahren rückläufig. Das geht aus einer aktuellen Analyse der BARMER anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Cannabis-Gesetzes hervor. Demnach gab es im Jahr 2019 noch 189 Anträge und in den Folgejahren 156 und 155. „Der große Hype um Cannabis scheint vorbei und es wird gezielter eingesetzt. In einem therapeutischen Gesamtkonzept kann Cannabis bei Schwerkranken sinnvoller Teil der Behandlung sein. Aber es ist eben kein Allheilmittel und als Schmerzmittel allein unzureichend“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der BARMER in Schleswig-Holstein. Auch in Zukunft seien weitere Studien erforderlich, um die komplexen Wirkmechanismen von Cannabis noch besser zu verstehen und diese in individuelle Behandlungskonzepte zu integrieren. Neben Schmerzen seien Spastiken etwa bei Multipler Sklerose sowie Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit Krebsbehandlungen ein häufiges Einsatzgebiet von Cannabis.

Weniger Verordnungen während der Corona-Pandemie
Neben einem gezielteren Einsatz habe offensichtlich auch die Corona-Pandemie einen Einfluss auf die Verordnungszahlen cannabishaltiger Präparate, so Hillebrandt weiter. Zwischen Mai 2018 und März 2020 habe es in Schleswig-Holstein monatlich immer zwischen neun und zehn Anträge gegeben. Seit April 2020 habe sich die Zahl bei rund sieben bis acht Anträgen eingependelt. „Gerade in den Hochzeiten der Corona-Pandemie gehen die Versicherten seltener zur Ärztin oder zum Arzt. Das zeigt sich auch bei den Cannabis-Anträgen“, sagt Hillebrandt.

Einsatz von Cannabisblüten bedarf Erfahrung
Laut der Analyse bekamen BARMER-Versicherte in Schleswig-Holstein seit März 2017 bis November 2021 fast 5.000 Verordnungen cannabishaltiger Präparate im Wert von etwa 2,2 Millionen Euro. Darunter waren 721 Verordnungen unverarbeiteter Cannabisblüten. „Für den Einsatz von Cannabisblüten brauchen sowohl die behandelnden Ärztinnen und Ärzte als auch die Patientinnen und Patienten Erfahrung. Sie sind schwer dosierbar, die Wirkung ist nicht ohne Weiteres steuerbar. Zudem ist die übliche Anwendung als Inhalation mit Hilfe von Vaporisatoren für die Patientinnen und Patienten aufwändig“, so BARMER-Landeschef Hillebrandt. Von einer Anwendung als Tee sei abzuraten, da der Übertritt der Wirkstoffe in das Wasser sehr variabel sei, insbesondere bei falscher Zubereitung. Die Cannabisblüten müssten 15 Minuten am Sieden gehalten werden. Leichter dosier- und anwendbar als Cannabisblüten seien flüssige Cannabisextrakte zum Einnehmen, ein Mundspray oder der isolierte Cannabiswirkstoff Dronabinol in Form von Kapseln oder Tropfen zum Einnehmen.