Kopfschmerzerkrankungen können sehr unterschiedliche Schweregrade einnehmen. Eine ursächliche Behandlung der primären Kopfschmerzformen ist derzeit nicht möglich, es stehen jedoch unterschiedliche symptomatische Therapien zur Verfügung. Diese schließen die vorbeugende und die akute Behandlung von Kopfschmerzanfällen ein. Als Mittel der Wahl für die Akutbehandlung der Migräne stehen heute sieben verschiedene Triptane zur Verfügung. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) einschließlich Acetylsalicylsäure und andere Non-Opioid-Analgetika werden sowohl in der Akuttherapie der Migräne als auch des Kopfschmerzen vom Spannungstyp eingesetzt.

Die Selbstmedikation von Kopfschmerzen stellt die häufigste Akutbehandlungsform dar. Rund 91% der Migränepatienten und 90% der Patient:innen mit Kopfschmerz vom Spannungstyp nutzen Schmerzmittel im Rahmen der Selbstmedikation, häufig ohne weitere Behandlung und ärztliche Beratung. Kopfschmerzen als Volkskrankheit mit gravierenden direkten und indirekten Kosten sind nicht nur für den einzelnen Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft und die Gesetzliche Krankenversicherung von hoher Relevanz. Selbstmedikation von Migräne und Kopfschmerzen ist weltweit etabliert und die Zufriedenheit mit der Therapie mit verschreibungsfreien Arzneimitteln ist groß.

Der Zugang der Bevölkerung zu verschreibungsfreien Arzneimitteln im Rahmen der Selbstmedikation wird allgemein als ein wichtiger Bestandteil des Gesundheitssystems beschrieben, da er den Patienten ermöglicht, bekannte episodisch auftretende Beschwerden oder leichtere Erkrankungen selbst zu behandeln, ohne den Arzt wegen eines Rezepts konsultieren zu müssen. Dieses Therapieprinzip ist in den meisten Ländern etabliert, dies unabhängig davon, wie die übrigen Bestimmungen zur Finanzierung des jeweiligen Gesundheitssystems ausformuliert sind.

Aus klinischer Sicht ist in Hinblick auf die Variabilität der Ausprägung von Migräne sowie der verfügbaren Therapieoptionen die Notwendigkeit für verschreibungspflichtige Arzneimittel, aber auch Raum für Selbstmedikation gegeben. Die Internationale Kopfschmerzklassifikation unterscheidet mittlerweile 48 Unterformen der Migräne, die sich sowohl qualitativ hinsichtlich ihrer Symptomatik als auch quantitativ bezüglich der Ausprägung, der Frequenz und der Symptomintensität unterscheiden.

Migräneattacken können in hoher Frequenz auftreten. So treten bei der chronischen Migräne an mindestens 15 Tagen im Monat Migräneattacken auf. Hochfrequente Attacken wie die bei chronischer Migräne, Attacken mit sehr schweren Intensitäten von Übelkeit, Erbrechen, Bettlägerigkeit und langen Schmerzanfällen bis hin zum Status migraenosus erfordern ein sehr individuelles differentielles Vorgehen.

Komplexe fokale neurologische Symptome im Rahmen von Migräneauren wie bei der Migräne mit Hirnstammaura, der familiären hemiplegischen Migräne oder gar bei migränösen Infarkt und durch Migräneanfälle getriggerte epileptische Anfälle bedingen eine eingehende ärztliche Diagnostik, Beratung sowie Verlaufs- und Erfolgskontrolle im zeitlichen Ablauf der Erkrankung.

Auch die Überwachung von möglichen Therapiekomplikationen wie z.B. dem Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (MÜK) mit Einnahmefrequenz der Akutmedikation an mindestens 10 Tagen und mehr im Monat, erfordern eine begleitende ärztliche Verlaufs- und Erfolgskontrolle sowie Therapieanpassung bei komplexen Situationen.

Andererseits gibt es jedoch auch Verläufe, bei denen die Attacken nur infrequent, leicht und von kurzer Dauer auftreten. Komplexe oder multiple neurologische Symptome im Rahmen von Migräneauren bestehen nicht. Eine gleichbleibende Attacken-Phänomenologie besteht über Jahre oder gar Jahrzehnte, eine ärztliche Diagnostik ist erfolgt und es besteht ein kompetentes individuelles Umgehen der Betroffenen mit der Akutmedikation. Bei solchen Verläufen ist zudem eine medikamentöse Vorbeugung in der Regel nicht erforderlich. Bei diesen Betroffenen kann die Selbstmedikation zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgung beitragen. Der unmittelbare Zugang zur Attackenmedikation im Rahmen der Selbstmedikation kann eine effektive Attackenkupierung ermöglichen.

Für die letztgenannte Gruppe ist die Selbstmedikation der Migräne im Versorgungsgeschehen etabliert und bewährt. Für diese Betroffenen ist es daher wichtig, dass möglichst vielfältige Therapieoptionen verfügbar sind, die eine größere Auswahloption im Versorgungsgeschehen ermöglichen. Aus diesem Grunde ist es anzustreben, dass hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, aber auch insbesondere hinsichtlich ihrer Verträglichkeit und Sicherheit bewährte Substanzen in der Selbstmedikation verfügbar sind. Da die Selbstmedikation auf leicht zu behandelnde milde Migräneverläufe abzielt, sollten Medikamente zur Selbstmedikation im unteren Dosierungsbereich zur Verfügung gestellt werden. Es sollte auf eine möglichst verträgliche und sichere Therapie fokussiert werden. Entsprechend wurde auch bei den bisherigen Verfahren zur Entlassung aus der Verschreibungspflicht von Naratriptan 2,5 mg, Almotriptan 12,5 mg und Sumatriptan 50 mg verfahren. Diese Wirkstoffe zeichnen sich durch eine besondere gute Verträglichkeit aus.

Triptane weisen eine inter- und intraindividuelle variierende Wirksamkeit und Verträglichkeit auf. Daher ist es wichtig, dass möglichst eine breite Auswahl von Wirkstoffen für die Selbstmedikation der Migräneattacke zur Verfügung gestellt werden. Der Artikel in der Zeitschrift Schmerzmedizin erörtert die verschiedenen Aspekte der Selbstmedikation mit Triptanen.

Download Pdf Artikel Selbstmedikation der Migräne mit Triptanen Schmerzmedizin 02.2023