Was ist Long-Covid?
Die SARS-CoV-2-Pandemie hat in den letzten zwei Jahren sehr viele Menschen betroffen. Die Wissenschaft hat Fortschritte beim Verständnis der Entstehung und der Behandlung der akuten SARS-CoV-2-Infektion gemacht. In den letzten Monaten hat sich eine weitere Erkrankung herauskristallisiert: das so genannte lange COVID-Syndrom.
Long-Covid beschreibt die Auswirkungen und Langzeitsymptome von Covid-19, die über Wochen oder Monate nach der Erkrankung anhalten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Long-Covid als Beschwerden,
- die in der Regel drei Monate nach Beginn von Covid-19 auftreten,
- die mindestens zwei Monate andauern und
- die nicht durch eine andere Diagnose erklärt werden können.
Studien zeigen zwei Hauptkategorien von anhaltenden Symptomen bei Long-Covid:
- eine größere Gruppe mit einer Reihe allgemeinerer Symptome, insbesondere chronische Kopfschmerzen, Müdigkeit und Erschöpfung, Kribbeln, Taubheit und “Gehirnnebel”, Herzklopfen und schneller Puls
- eine kleinere Gruppe von Menschen mit Atemwegssymptomen wie Husten oder Atemnot (diese Gruppe hatte anfangs eher eine schwere Covid-19-Erkrankung).
Wie viele sind von Long-Covid betroffen?
Mehr als vier von zehn (42 Prozent) Personen litten mehr als ein Jahr nach ihrer Corona Infektion unter Long-Covid-Symptomen. Fast zwei Drittel (63 %) gaben an, dass ihre Symptome ihre Fähigkeit zur Ausübung alltäglicher Tätigkeiten beeinträchtigt hatten.
Was sind die Symptome von Long-Covid?
Long-Covid kann langanhaltend oder periodisch in Zyklen auftreten. Eine Zeit lang wird es besser und dann wieder schlechter. Diese Langzeitfolgen sind nicht nur bei denjenigen zu beobachten, die ins Krankenhaus mussten oder sich bei der ersten Ansteckung mit dem Virus sehr schlecht fühlten. Zu den anhaltenden Symptomen des Coronavirus können gehören:
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Atemnot oder Kurzatmigkeit
- Schlafschwierigkeiten
- Angstzustände und Depressionen
- Herzklopfen
- Engegefühl oder Schmerzen in der Brust
- Gelenk- oder Muskelschmerzen
- Unfähigkeit, klar zu denken oder sich zu konzentrieren (‘Gehirnnebel’)
- Veränderung des Geruchs- oder Geschmackssinns
- Anhaltender Husten
Verringert eine Impfung gegen Covid-19 das Risiko von Long-Covid?
Ja – es gibt zahlreiche Belege dafür, dass eine Impfung das Risiko, an Long-Covid zu erkranken, verringert. Die britische Gesundheitsbehörde (UKHSA) wertete 15 internationale Studien über Long-Covid aus. Dabei wurde festgestellt, dass Personen, die sich nach zwei Dosen des Impfstoffs von Pfizer, AstraZeneca oder Moderna oder einer Dosis des Janssen-Impfstoffs mit Covid infiziert hatten, nur mit halb so hoher Wahrscheinlichkeit Long-Covid -Symptome entwickelten In dieser Studie wurden nur Personen untersucht, die sich mit dem Corona-Virus angesteckt haben. Da eine Impfung auch das Risiko einer Ansteckung mit Covid senkt, ist die tatsächliche Verringerung des Langzeitrisikos für Covid durch die Impfung wesentlich größer.
Kann Covid-19 Kopfschmerzen verursachen?
Viele Studien haben gezeigt, dass Covid-19 Kopfschmerzen verursachen kann. Manche Menschen bekommen sogar Kopfschmerzen, bevor sie Atemprobleme bemerken. Kopfschmerzen zählen zu den häufigsten Symptomen von Covid-19. Kopfschmerzen sind häufig ein Symptom der akuten Virusinfektionen. Sie können jedoch auch bestehen bleiben, wenn das Virus nicht mehr im Körper aktiv ist.
Virusinfektionen können eine vorbestehende Migräne verschlimmern; die Anfälle können häufiger auftreten oder die Schmerzen können länger als gewöhnlich anhalten. Bei Menschen, die unter Migräne leiden, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie nach einer Virusinfektion Kopfschmerzen bekommen. Long-Covid-Kopfschmerzen können bei Patient:innen, die bereits in der Vergangenheit unter primären Kopfschmerzen litten, häufiger auftreten.
Covid-19 kann auch einen neuen Dauerkopfschmerz verursachen, der vor der Covid-19-Erkrankung nicht bestand, aber danach noch einige Zeit anhält oder dauerhaft zu spüren ist. Die meisten Patienten mit Covid-19 berichten, dass sich ihre Kopfschmerzen innerhalb von 2 Wochen bessern. Bei einigen kann es jedoch einige Wochen länger dauern oder die Kopfschmerzen bleiben chronisch bestehen.
Wie sehen Post- Covid-19-Kopfschmerzen aus?
Sowohl im klinischen Bereich als auch in der Forschung werden die Begriffe “Post- Covid-19-Kopfschmerz” und “persistierender Kopfschmerz nach Covid-19” verwendet. Die Begriffe beschreiben alle chronischen Kopfschmerzen, deren Beginn oder Verschlechterung in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion stehen.
- Ein zeitliches Muster ist die Persistenz von Kopfschmerzen mit Auftreten während der akuten Infektion, trotz des Abklingens der übrigen Symptome von Covid-19. Die Häufigkeit in verschiedenen Studien von Kopfschmerzen während einer akuten COVID-19-Infektion reicht von 13,0% bis 74,6%. Bei 81,8% der Patienten beginnt der Kopfschmerz mit dem Auftreten der Covid-19-Symptome; er ist in der Regel beidseitig frontal (34,0%-38,1%) oder im gesamten Kopf (34,0%-38,8%) und präsentiert sich hauptsächlich in Form von drückenden Schmerzen (70,1%-73,7%). Mehr als die Hälfte der Patient:innen berichten über mäßige oder starke Schmerzen (60,6%-75,3%). Die Kopfschmerzepisoden dauern häufig länger als 24 Stunden an, wobei fast die Hälfte der Patient:innen über Dauerschmerzen berichtet. In der Hälfte der Fälle folgen die Schmerzen einem Tagesrhythmus, wobei sie sich in der Regel abends verschlimmern (24,2 %). Die Schmerzen werden häufig durch körperliche Anstrengung (12,37 % – 45,5 %) und Husten verschlimmert. Der Kopfschmerz geht häufig mit Lichtempfindlichkeit (10,3%-29,3%) und Lärmempfindlichkeit (10,3%-27,3%) einher.
- Das zweite Muster persistierender Kopfschmerzen nach Covid-19 ist durch die Verschlechterung und Übergang in einen chronischen Verlauf der Schmerzen bei Patient:innen gekennzeichnet, die vor COVID-19 eine Migräne hatten.
- Das dritte Muster sind täglich persistierende Kopfschmerzen bei Patient:innen ohne persönliche Vorgeschichte von primären Kopfschmerzen, wobei die Schmerzen nach Abklingen der akuten Covid-19 beginnen und während der akuten Infektion selbst keine Kopfschmerzen auftraten.
Welche Entstehungsmechanismen von Long-Covid werden diskutiert?
Die Entstehungsmechanismen der akuten SARS-CoV2-Infektion sind umfangreich untersucht und identifiziert worden. Die genauen Gründe, die zur Persistenz der Symptome und zu Long-Covid führen, sind noch nicht bekannt. Es wurden folgende Entstehungsmechanismen vorgeschlagen:
- Folgen von Organschäden, Ausmaß der Schädigung und Zeit bis zur Genesung der einzelnen Organsysteme.
- Fortbestehen einer chronischen Entzündung oder Bildung von Autoantikörpern.
- Persistenz des Virus im Körper bei Menschen mit veränderter Immunität, Neuinfektion oder Rückfall.
- Auswirkungen von Krankenhausaufenthalten, Komplikationen im Zusammenhang mit der SARS-Cov-2-Infektion oder Komplikationen im Zusammenhang mit Komorbiditäten oder unerwünschten Wirkungen der verwendeten Medikamente.
- Psychologische Folgen wie posttraumatischer Stress.
- Soziale und finanziellen Auswirkungen.
Wie wird die Diagnose Long-Covid gestellt?
Die Diagnose von Long-Covid wird aufgrund der klinischen Symptome und des Verlaufes gestellt. Ein fachübergreifender Ansatz sowie eine multidisziplinäre Betreuung sind erforderlich. Risikofaktoren, die zu einer Persistenz der Symptome nach einer akuten Infektion führen können sind u.a. höheres Alter, Schwere der akuten Phase, Übergewicht, weibliches Geschlecht, Komorbiditäten, Asthma und mehr als fünf Symptome in der akuten Phase. Aber auch Personen ohne diese Risikofaktoren können Long-Covid entwickeln. Die Symptome überschneiden sich oft mit den Symptomen anderer Krankheiten. Long-Covid wird daher diagnostiziert, wenn die auftretenden Symptome keine anderen medizinischen Erklärungen haben.
Wie wird Long-Covid behandelt?
Long-Covid und die Art der Symptome erfordern eine fachübergreifende diagnostische Beurteilung und eine komplexe interdisziplinäre multimodale Therapie. Ein fachübergreifendes Team muss dabei einen individuellen Therapieplan für den jeweiligen Patienten entwickeln. Dabei sind die neurologischen und psychologischen Aspekte wesentlicher Bestandteil. Dem Team müssen Experten für die Behandlung von Kopfschmerzen, Müdigkeit, Atemwegserkrankungen und anderen Symptomen (Atemnot, Dekonditionierung, Schwindel), für Ergotherapie und Physiotherapie und für klinische Psychologie angehören.
Das Team der Schmerzklinik Kiel hat seit Beginn der Pandemie umfangreiche Erfahrungen mit der Diagnostik und Behandlung von Long-Covid aufgebaut und spezialisierte Therapieprogramme dafür entwickelt. Schwerpunkte sind dabei Kopfschmerzen, andere chronische Schmerzen, Müdigkeit, Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen und weitere neurologische sowie psychologische Symptome.
Informationen zur Aufnahme finden sie hier: https://schmerzklinik.de/service-fuer-patienten/
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