Prof. Göbel, Frau Müller und Dr. Müller, Präsident der CSG

Herr Dr. Harald Müller wurde vom Bundespräsidenten Christian Wulff mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Herr Dr. Müller ist seit der Gründung 1. Vorsitzender des Bundesverbandes der Selbsthilfegruppen der an Clusterkopfschmerz Erkrankten und ihrer Angehörigen CSG e.V und engagierter Kooperationspartner im Deutschen Kopfschmerznetz. Das Deutsche Kopfschmerznetz und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schmerzklinik Kiel gratulieren herzlich zu dieser hohen Anerkennung für seinen beispiellosen Einsatz für die Versorgung von Bürgerinnen und Bürgern, die an Clusterkopfschmerz erkrankt sind.

Herr Dr. Harald  Müller hat sich herausragend für die Belange von Bürgern mit schweren chronischen Schmerzen eingesetzt. Insbesondere hat er sich hohe Verdienste um die von Clusterkopfschmerz Betroffenen erworben. Clusterkopfschmerz zählt zu den schwersten Schmerzen, die Menschen ertragen müssen. Clusterkopfschmerzattacken gehen mit schwersten einschießenden und quälenden Schmerzen im Augenbereich einher. Die Schmerzen sind vernichtend stark. Es treten Augentränen, Augenrötung, Naselaufen, sowie schwere Bewegungsunruhe im Zusammenhang mit den Schmerzen auf. Die Attacken haben eine Dauer von bis zu 3 Stunden. Pro Tag können bis zu acht solcher schweren Attacken auftreten. Die deutsche Sprache kennt bisher kein Wort für diese Erkrankung. Die Folge ist, dass in der Bevölkerung keine Kommunikation zu Clusterkopfschmerzen möglich war. Das englische Wort „Cluster“-Kopfschmerz beschreibt das zeitlich gehäufte Auftreten der Kopfschmerzattacken. Diese treten in aktiven zeitlichen Perioden auf. Die Dauer der Perioden kann von wenigen Monaten bis zu Jahren und Jahrzehnten betragen. Bis die richtige Diagnose gestellt wird, kann es bei vielen Betroffenen 10 und mehr Jahre dauern. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen beträgt die mittlere Dauer bis zur Diagnosestellung in Deutschland 8 Jahre.

Das Clusterkopfschmerzsyndrom ist nicht nur eine Schmerzerkrankung allein, sondern es hat viele Facetten. Das Spannungsfeld umfasst die Erkrankung selbst und den einzelnen Betroffenen. Es schließt auch die sozioökonomischen Auswirkungen, insbesondere im Beruf ein. Besonders aber ist auch das soziale Umfeld involviert. Dieses umfasst die Themen Partnerschaft, Kinder und Freunde. Aber auch die Situation in der ärztlichen Versorgung und die fehlende Versorgungslandschaft für diese Erkrankung, sowie die mangelnde Information über die zeitgemäßen Therapiemöglichkeiten sind involviert. In Deutschland war noch in den 90er Jahren eine stagnierende Forschung, sowie insbesondere eine nahezu komplett fehlende zeitgemäße Versorgung dieser schweren Schmerzerkrankung präsent. Die Folgen waren außerordentliches Leid der individuell Betroffenen. Dies führte in sehr vielen Fällen zu einem Suicid als einzigen vermeintlichen Ausweg. Diese Kopfschmerzerkrankung erhielt daher auch die Bezeichnung „Suicid-Kopfschmerz“. Wissenschaftliche Forschungsgruppen oder Publikationen aus Deutschland waren nicht existent. In der Weiterbildung als auch in der Wissenschaft stagnierte die Information nahezu komplett.

Herr Dr. Harald Müller ist selbst Betroffener. Von Beruf ist er Chemiker und er hat sich, ohne selbst Arzt zu sein, national und international über die Möglichkeiten einer zeitgemäßen Behandlung dieser Erkrankung informiert. Sehr schnell hat er erkannt, dass die Versorgung von Grund auf neu in Deutschland organisiert werden muss. Er hat zunächst Betroffene gesammelt und erstmalig in großen Feldstudien die Versorgungslage in seiner Freizeit eigenständig und auf eigene Kosten analysiert. Dabei wurden die unermessliche Verzweiflung der Betroffenen und deren Resignation bewusst. Aus den anfänglichen Selbsthilfegruppentreffen entstand im Jahre 2003 aufgrund der Größe der Organisation der Bundesverband der an Clusterkopfschmerz Betroffenen und ihrer Angehörigen – Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppen-CSG e.V.. Herr Dr. Harald Müller investierte seine gesamte Freizeit und Urlaubszeit, sowie seine privaten Mittel in die ehrenamtliche Tätigkeit für den Aufbau und die Organisation dieses Verbandes. Mittlerweile existieren in Deutschland über 40 Selbsthilfegruppen. Clusterkopfschmerz betrifft insbesondere auch junge Männer. Herr Dr. Müller hat auch für die aktiven Soldaten der Bundeswehr ein Netzwerk für die zeitgemäße Versorgung der Betroffenen aufgebaut. Herr Dr. Harald Müller hat weltweit die größte Selbsthilfeorganisation für Clusterkopfschmerzpatienten und deren Angehörigen etabliert. Er hat damit auch beispielhaft einen Prozess gestaltet, der die Verbesserung und die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems durch mündige Bürger aktiv und verantwortungsvoll auf den Weg bringt. Den enormen Erfahrungsschatz, der durch die Arbeit in den Selbsthilfegruppen gehoben wurde, hat Herr Dr. Müller weitergegeben an Verantwortliche in der Gesundheitspolitik, in den Krankenkassen und insbesondere auch in der Wissenschaft. Er hat durch beispiellosen zeitlich unermesslichen Einsatz Netzwerke entwickelt und Kompetenzzentren in Kliniken zur verbesserten Versorgung mit aufgebaut. Durch Studien und auch durch soziodemographische Analysen hat er Planungsgrundlagen und belastbare Zahlen geschaffen, die es ermöglichen, einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems zu leisten.

Die frühere Stagnation in der Versorgung hat er in ein beispielhaftes Werk umgeändert, das zeigt, dass selbst schwere Erkrankungen durch engagierte Bürger besser versorgt werden können und zukünftig ihre schwere Bürde reduziert und auch behoben werden kann. Davon profitieren die Betroffenen unmittelbar zunächst selbst und deren Angehörige, aber auch die gesamte Gemeinschaft, sowie Politik und Wissenschaft. Herr Dr. Müller hat unermüdlich dafür gesorgt, dass Betroffene heute eine schnellere Diagnose und eine frühere effiziente Behandlung bekommen. Er hat die Betroffenen zusammengeführt und maßgeblich dafür gesorgt, dass diese untereinander kommunizieren und durch Informationen eine schnellere und effizientere Behandlung sich eröffnet. Dies führt neben einer Reduktion von schwerem Leid bei dem Einzelnen auch zu einer Reduktion von Komplikationen und letztlich auch zu einer deutlichen finanziellen Entlastung des Gesundheitswesens.

Bundesweit hat er unermüdlich Schulungen und Aufklärungsarbeit durchgeführt. Er hat bundesweit Ansprechpartner der Selbsthilfegruppen für Betroffene in Not, sowie einen ärztlichen Notdienst etabliert, um bei Ausbruch einer akuten Periode schnell eine effiziente Hilfe zu erreichen. Dies ermöglicht erstmals eine Unterstützung in der gesamten Fläche. Ganz besonders hervorzuheben ist, dass Forschungseinrichtungen und Spezialkliniken eng mit den Betroffenen zusammenarbeiten und somit wissenschaftliche Fragestellungen wesentlich effizienter und zielführender untersucht werden können. Herr Dr. Harald Müller hat mit seiner außerordentlich umfangreichen Tätigkeit gezeigt, dass aus einer Selbsthilfebewegung eine beachtenswerte völlig neue Entwicklung resultieren kann. Aus kleinen, unvernetzten Gruppen kann eine bundesweite bestens strukturierte Organisation entstehen, die über große Erfahrungen und Kompetenz verfügt. Passive, resignierte Menschen können dadurch zu mündigen Patienten und Bürgern werden, die sich einbringen und aktiv an der Verbesserung des Gesundheitswesens, sowie des Gemeinwesens mitarbeiten. Bei seiner Tätigkeit ging es Herrn Dr. Müller nicht nur um die verbesserte Versorgung der chronischen Erkrankung und um medizinische Fragestellungen, sondern vielmehr auch um die Schwierigkeiten, die die Betroffenen während ihres Lebens mit einer schweren Behinderung und einer chronischen Erkrankung haben. Diese schließen ganz konkrete Alltagsprobleme, Sorgen und Ängste, sowie Probleme in der Partnerschaft, im Beruf und in der Familie ein. Er hat allen Beteiligten gezeigt, dass durch Einsatz Kraft, Mut und Zuversicht begründet sind und eine nicht für möglich gehaltene Verbesserung in der Versorgung resultieren kann.