Kopfschmerzen sind epidemiologisch die häufigste und nach Demenz und Schlaganfall volkswirtschaftlich die drittteuerste Erkrankung des Nervensystems. In der allgemeinmedizinischen Praxis zählen sie zu den häufigsten Gründen für Arztbesuche, sie haben bei Therapieresistenz häufige stationäre Notfallaufnahmen zur Folge und bedingen bei chronischen Verläufen schwerwiegende Behinderungen und Komplikationen. Weltweite epidemiologische Studien zeigen, dass im Erwachsenenalter mehr als 11% der Bevölkerung an Migräne, 42% an Kopfschmerzen vom Spannungstyp und 3% an täglich auftretenden Kopfschmerzen leiden. Aufgrund der großen weltweiten Verbreitung bewirkt der Kopfschmerz vom Spannungstyp dabei eine noch gravierendere gesellschaftliche Behinderung als Migräne. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listet Kopfschmerzen auf der Rangliste der am meisten behindernden Erkrankungen für beide Geschlechter auf dem 10. Platz und für Frauen auf dem 5. Platz.

Die lokale topische Behandlung mit Pfefferminzöl (Oleum menthae piperitae) hat sich in kontrollierten Studien gegenüber Placebo als signifikant wirksam erwiesen. Pfefferminzöl greift über zahlreiche Wirkmechanismen in die Pathophysiologie des Kopfschmerzes vom Spannungstyp ein. Die Wirksamkeit ist vergleichbar mit der von Acetylsalicylsäure oder Paracetamol. 10%iges Pfefferminzöl in ethanolischer Lösung ist für die Behandlung des Kopfschmerzes vom Spannungstyp zur äußerlichen Anwendung bei Erwachsenen und Kindern ab dem 6. Lebensjahr zugelassen. Es ist in Leitlinien von Fachgesellschaften aufgenommen und wird als ein Standardmedikament zur Akuttherapie bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp angesehen.

Die aktuelle Übersicht zeigt, dass in sorgfältig kontrollierten Untersuchungen 10%iges Pfefferminzöl in ethanolischer Lösung bei lokaler Anwendung auf die schmerzhaften Stellen der Stirn und der Schläfen zu einer im Vergleich zu Placebo-Behandlung hochsignifikanten Reduktion der Kopfschmerzen vom Spannungstyp führt. Die Therapieeffekte haben ein klinisch bedeutsames Ausmaß. Die Verträglichkeit ist sehr gut. Die analgetischen Wirkmechanismen von Pfefferminzöl sind sehr komplex. Sie schließen sowohl zentrale als auch periphere Effekte ein. Studien der letzten Jahre konnten die ausgeprägten analgetischen Wirkungen von Pfefferminzöl sowohl auf klinischer, neurophysiologischer als auch molekularer Ebene nachweisen. Aufgrund der Studiendaten ist 10%iges Pfefferminzöl in ethanolischer Lösung für die Behandlung des Kopfschmerzes vom Spannungstyp zur äußerlichen Anwendung bei Erwachsenen und Kindern ab dem 6. Lebensjahr zugelassen. Es handelt sich dabei um das derzeit einzige Arzneimittel, das für die spezifische Indikation Kopfschmerzen vom Spannungstyp eine Zulassung aufgrund der belegten Wirksamkeit hat.

Ein entscheidender Vorteil für den Einsatz von topisch aufgetragenem Pfefferminzöl bei Kopfschmerzen ist das Fehlen von systemischen Effekten. Insbesondere gibt es bisher keine Hinweise, dass ein Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch entstehen kann. Entsprechend listet auch die Internationale Kopfschmerzklassifikation Pfefferminzöl nicht als mögliche Ursache eines Kopfschmerzes bei Medikamentenübergebrauch auf.

Pfefferminzöl wurde mittlerweile auch in Therapieempfehlungen bzw. Leitlinien von Fachgesellschaften aufgenommen. Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie weist auf die Wirksamkeit der lokalen großflächigen Applikation von Pfefferminzöl hin. Die Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft empfiehlt Pfefferminzöl während der Schwangerschaft den Vorzug zu geben sowie den Einsatz bei Kindern. Die Praxisleitlinie „Primäre Kopfschmerzen“ der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin führt Pfefferminzöl als ein Mittel der ersten Wahl zur Akuttherapie bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp auf.

Nach klinischer Erfahrung ist keines der heute verfügbaren Medikamente für alle Schmerzformen und für alle Patienten jederzeit wirksam. Daher sind verschiedene Optionen erforderlich. Die analgetische Wirksamkeit von Pfefferminzöl ist aufgrund der belegten Wirksamkeit und der guten Verträglichkeit ohne systemische Nebenwirkungen und Sensitivierung des Schmerzabwehrsystems mit dem Risiko der Entstehung von Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch eine in vielen Fällen zu präferierende Therapieoption.

Quelle:

CME Der Schmerz, pp 1-16
First online: 22 April 2016
Oleum menthae piperitae (Pfefferminzöl) in der Akuttherapie des Kopfschmerzes vom Spannungstyp
H. Göbel, , A. Heinze, K. Heinze-Kuhn; , A. Göbel; C. Göbel