Das Auslassen des Frühstücks ist keine gute Diätidee. Ein Energiedefizit in den Morgenstunden kann Migräneattacken auslösen, wie aus Studien bekannt ist. Spätes Essen kann aber auch zu Hunger und Übergewicht führen. Eine neue Studie in Cell Metabolism (2022; DOI: 10.1016/j.cmet.2022.09.007) zeigt, dass es nicht nur zu vermehrten Hungergefühlen im Verlauf des Tages kommen kann. Auch der Energieverbrauch wird gesenkt. Am Ende füllen sich die Fettspeicher. Die Folge ist Übergebwicht. Die Erklärung für das Scheitern der Frühstückauslassdiät liefert jetzt eine Cross-over-Studie, die Schlafforscher der Harvard Medical School in Boston durchgeführt haben.
Während gängige Mantras zur gesunden Ernährung vom nächtlichen Naschen abraten, haben nur wenige Studien die gleichzeitigen Auswirkungen des späten Essens auf die drei Hauptakteure bei der Gewichtsregulierung und damit das Adipositas-Risiko umfassend untersucht:
- die Regulierung der Kalorienaufnahme,
- die Anzahl der verbrannten Kalorien und
- die molekularen Veränderungen im Fettgewebe.
Die neue Studie von Forschern der Harvard Medical School hat ergeben, dass der Zeitpunkt des Essens einen erheblichen Einfluss auf den Energieverbrauch, den Appetit und die molekularen Vorgänge im Fettgewebe hat.
“Wir wollten die Mechanismen untersuchen, die erklären könnten, warum spätes Essen das Adipositas-Risiko erhöht”, erklärte der Hauptautor Frank Scheer, Professor für Medizin und Direktor des Medical Chronobiology Program in der Abteilung für Schlaf- und zirkadiane Störungen am Brigham and Women’s Hospital.
“Frühere Forschungsarbeiten von uns und anderen hatten gezeigt, dass spätes Essen mit einem erhöhten Adipositas-Risiko, erhöhtem Körperfett und schlechterem Erfolg bei der Gewichtsabnahme verbunden ist. Wir wollten verstehen, warum”, sagte er.
“In dieser Studie fragten wir, ob die Zeit, zu der wir essen, eine Rolle spielt, wenn alles andere gleichbleibt”, sagte die Erstautorin Nina Vujović, eine Forscherin im Medical Chronobiology Program.
“Und wir haben herausgefunden, dass es einen signifikanten Unterschied macht, vier Stunden später zu essen, was unser Hungergefühl, die Art und Weise, wie wir nach dem Essen Kalorien verbrennen, und die Art und Weise, wie wir Fett speichern, betrifft.”
Vujović, Scheer und ihr Team untersuchten 16 Patienten mit einem Body-Mass-Index im Bereich von Übergewicht oder Fettleibigkeit. Jeder Teilnehmer absolvierte zwei Laborprotokolle: eines mit einer streng geplanten frühen Mahlzeit und das andere mit denselben Mahlzeiten, die jeweils etwa vier Stunden später am Tag eingenommen wurden.
In den letzten zwei bis drei Wochen vor Beginn der einzelnen Laborprotokolle hielten die Teilnehmer feste Schlaf- und Wachzeiten ein, und in den letzten drei Tagen vor dem Eintritt ins Labor hielten sie sich zu Hause strikt an identische Diäten und Mahlzeitenpläne.
Im Labor dokumentierten die Teilnehmer regelmäßig ihren Hunger und Appetit, nahmen über den Tag verteilt häufig kleine Blutproben und ließen ihre Körpertemperatur und ihren Energieverbrauch messen.
Um zu messen, wie sich die Essenszeit auf die molekularen Signalwege auswirkt, die an der Adipogenese beteiligt sind, d. h. daran, wie der Körper Fett speichert, entnahmen die Forscher während der Labortests Biopsien des Fettgewebes von einer Untergruppe der Teilnehmer, und zwar sowohl bei den frühen als auch bei den späten Essensprotokollen, um einen Vergleich der Genexpressionsmuster/-werte zwischen diesen beiden Essensbedingungen zu ermöglichen.
Die Ergebnisse zeigten, dass das spätere Essen tiefgreifende Auswirkungen auf den Hunger und die appetitregulierenden Hormone Leptin und Ghrelin hatte, die unser Verlangen zu essen beeinflussen. Insbesondere der Spiegel des Hormons Leptin, das Sättigung signalisiert, war unter den Bedingungen des späten Essens über 24 Stunden hinweg niedriger als unter den Bedingungen des frühen Essens.
Wenn die Teilnehmer später aßen, verbrannten sie auch weniger Kalorien und wiesen eine Genexpression im Fettgewebe auf, die auf eine erhöhte Adipogenese und eine verringerte Lipolyse hindeutet, die das Fettwachstum fördern.
Diese Ergebnisse lassen auf konvergierende physiologische und molekulare Mechanismen schließen, die dem Zusammenhang zwischen spätem Essen und erhöhtem Adipositas-Risiko zugrunde liegen.
Vujović erklärte, dass diese Ergebnisse nicht nur mit einer Vielzahl von Forschungsergebnissen übereinstimmen, die darauf hindeuten, dass späteres Essen die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von Fettleibigkeit erhöht, sondern dass sie auch ein neues Licht darauf werfen, wie dies geschehen könnte.
Bedeutsam sind Auswirkungen auf den Energiestoffwechsel. Beide Gruppen nahmen die gleiche Menge an Kalorien zu sich. Bei späten Essern wurden diese verstärkt in das Fettgewebe gespeichert.
Ein frühes und gutes Frühstück wirkt gegen Hunger am Tag, senkt das Risiko für Übergewicht und kann auch noch helfen, wie aus anderen Studien bekannt ist, das Migränerisiko zu reduzieren.
Quelle:
Vujović N, Piron MJ, Qian J, Chellappa SL, Nedeltcheva A, Barr D, Heng SW, Kerlin K, Srivastav S, Wang W, Shoji B, Garaulet M, Brady MJ, Scheer FAJL. Late isocaloric eating increases hunger, decreases energy expenditure, and modifies metabolic pathways in adults with overweight and obesity. Cell Metab. 2022 Oct 4;34(10):1486-1498.e7. doi: 10.1016/j.cmet.2022.09.007. PMID: 36198293.
https://doi.org/10.1016/j.cmet.2022.09.007
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