Nach der aktuellen Studie „Global, regional, and national burden of disorders affecting the nervous system, 1990–2021: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2021“, publiziert am 14.3.2024 in Lancet Neurology ist Migräne in West-Europa die am schwersten belastende neurologische Erkrankung. Nach Migräne auf Platz 1 folgend Schlaganfall (Platz 2), Demenz (Platz 3), diabetische Neuropathie (Platz 4), Autismus Spektrum Erkrankungen (Platz 5), Krebserkrankungen des Nervensystem (Platz 6), Epilepsie (Platz 7), Frühgeburtsfolgen (Platz 8), neonatale Hirnschädigungen (Platz 9) und Rückenmarksverletzungen (Platz 10).

Analysiert wurde in der Studie der Gesundheitsverlust des Nervensystems, der durch 37 Erkrankungen und die damit verbundenen Risikofaktoren weltweit, regional und national von 1990 bis 2021 verursacht wurde. Erfasst wurde die Sterblichkeit, die Prävalenz der mit Behinderung gelebten Jahre (YLDs), die verlorenen Lebensjahre (YLLs) und die behinderungsbereinigten Lebensjahre (DALYs) nach Alter und Geschlecht in 204 Ländern und Territorien für den Zeitraum von 1990 bis 2021. Es wurden Morbidität und Todesfälle aufgrund von neurologischen Erkrankungen einbezogen, bei denen der Gesundheitsverlust direkt auf eine Schädigung des ZNS oder des peripheren Nervensystems zurückzuführen ist.

Risko für neurologische Erkrankungen in Abhängigkeit vom Geschlecht

Eine Kernmethode der Studien zum «Global Burden of Disease» ist das Daly-Konzept. Daly steht für «disability-adjusted life years», zu Deutsch etwa: «verlorene gesunde Lebensjahre». Dabei werden die Jahre, die ein Mensch durch eine Krankheit behindert oder eingeschränkt ist, sowie krankheitsbedingte Tode einem fiktiven gesunden Leben bis zum Alter der Lebenserwartung gegenübergestellt. Wie die aktuelle Arbeit beschreibt, ist die Anzahl der Dalys durch 37 berücksichtigte neurologische Krankheiten von 375 Millionen im Jahr 1990 auf 443 Millionen Jahre 2021 gestiegen. Erkrankungen des Nervensystems tragen zu mehr DALYs bei Männern, aber einer höheren Prävalenz bei Frauen zu (hauptsächlich Migräne und Kopfschmerzen vom Spannungstyp).

„In West-Europa führt Migräne die Liste der am schwersten behindernden neurologischen Erkrankungen an. Dies gilt besonders für Frauen und betrifft oft Jahrzehnte der gesamten Lebensspanne. Kopfschmerzerkrankungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Nervensystems. Kopfschmerzerkrankungen, die durch wiederkehrende Kopfschmerzen gekennzeichnet sind, können mit schwersten persönlichen und gesellschaftlichen Belastungen wie Schmerzen, Behinderungen, Beeinträchtigung der Lebensqualität und finanziellen Kosten verbunden sein. Weltweit wird jedoch nur bei einer Minderheit der Menschen mit Kopfschmerzerkrankungen eine angemessene Diagnose ärztlich gestellt. Kopfschmerzen werden weltweit unterschätzt, unterdiagnostiziert und unterbehandelt.“ kommentiert Prof. Dr. Hartmut Göbel, Direktor der Schmerzklinik Kiel, die Ergebnisse.

«Neurologische Erkrankungen verursachen großes Leid für die betroffenen Menschen und Familien und berauben Gemeinschaften und Volkswirtschaften ihres Humankapitals», erläutert WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus die Ergebnisse in einer Mitteilung. «Diese Studie sollte ein dringender Aufruf zum Handeln sein, um gezielte Interventionen zu verstärken, damit die wachsende Zahl von Menschen mit neurologischen Erkrankungen Zugang zu der qualitativ hochwertigen Pflege, Behandlung und Rehabilitation erhält, die sie benötigt.»