Operative Maßnahmen

Drei invasive Therapiestrategien zur Behandlung von Clusterkopfschmerzen wurden vorgeschlagen:

  • destruktive Verfahren,
  • lokale Blockaden und
  • neuromodulatorische Verfahren.

Im Hinblick auf die heute verfügbaren mannigfaltigen Therapiealternativen mit großer Wirksamkeit sollten operative Therapiemaßnahmen letztes Resort in der Therapie sein. Sie sollten erst erwogen werden, wenn Patienten in spezialisierten Zentren eingehend mit allen möglichen relevanten pharmakologischen Optionen behandelt wurden.

Nur bei weniger als 1% der Clusterkopfschmerzpatienten können therapierefraktäre Situationen entstehen. Für operative Verfahren kommen in der Regel nur Patienten mit chronischem Clusterkopfschmerz infrage, das sind rund 27% der Betroffenen. Bei ca. 240.000 Patienten mit Clusterkopfschmerz in Deutschland sind dies rund 64.800 Personen. 1% dieser Patienten mit therapierefräktären Verläufen umfasst rund 648 Patienten. Sollten schätzungsweise davon 50% für invasive Eingriffe infrage kommen, sind solche Verfahren wahrscheinlich für ca. 300 Personen in Deutschland von Relevanz.

Destruktive Verfahren

Die Durchtrennung oder Dekompression des N. intermedius bzw. des N. petrosus superficialis major und direkte Eingriffe im Bereich des N. trigeminus habe aufgrund unbefriedigender Langzeitergebnisse nur noch historische Bedeutung und sind verlassen wurden. Neuromodulatorische Verfahren sind aufgrund der verbesserten elektronischen Stimulationsmöglichkeiten in den Vordergrund gerückt.

Blockade des N. okzipitalis

Die Injektion von Lokalanästhetika und Kortikosteroiden im Bereich des ipsilateralen N. okzipitalis kann therapeutisch wirksam sein. Erstmalig wurde dieses Verfahren durch Anthony (1985) beschrieben. Neuere offene Studien bestätigen die Wirksamkeit. Effektivität zeigt sich auch bei subokzipitaler Injektion einer Mischung von kurz und langwirksamem Betamethason: 85% der Patienten wurden innerhalb einer Woche schmerzfrei. Die Wirksamkeit ist bei Anwendung von Kortikosteroiden aufgrund der systemischen Wirkung zu erwarten. Ob die lokale Applikation entscheidend ist, muss offen bleiben.

Tiefenhirnstimulation

In den letzten Jahren wurde vorgeschlagen, die Betroffenen auch invasiven operativen Verfahren zu unterziehen. Basierend auf strukturellen und funktionellen Bildgebungsstudien wurde in offenen Einzelfallserien die tiefe Hirnstimulation im Bereich des posterioren Hypothalamus durchgeführt. Überzeugende Effekte konnten dabei nicht vermittelt werden. In offenen Studien werden Besserungsraten zwischen 50 und 70 % berichtet. In einer bisher einzigen placebokontrollierten doppelblinden Studie konnte kein signifikanter Unterschied zwischen einer echten Stimulation und einer vorgetäuschten Stimulation beschrieben werden. Fatale Folgen mit tödlichen intrakraniellen Blutungen sind eingetreten. In öffentlich geführten Internettagebüchern werden katastrophale Verläufe von einzelnen Betroffenen dokumentiert. Hinzu kommen die hohen Kosten des Verfahrens von über 30.000 Euro und die aufwändige postoperative Behandlung. Aufgrund der derzeitigen Datenlage kann weder ein theoretisches Rationale noch eine praktische Begründung für die Anwendung der tiefen Hirnstimulation bei Clusterkopfschmerz nachvollzogen werden. Die bisherigen Daten begründeten keinen Platz in der Therapie von Clusterkopfschmerzen.

Okzipitalis-Nervenstimulation [media id=46] Die Okzipitalis-Nervenstimulation ist ein peripheres invasives Nervenstimulationsverfahren zur Behandlung von Clusterkopfschmerzen. Dabei wird zumeist im Bereich des 1. Halswirbelkörpers nach lokaler Inzision eine elektrische Stimulationselektrode horizontal platziert und fixiert. Es kann dann eine Probestimulation mit einem externen Impulsgenerator über mehrere Wochen erfolgen, bevor ein Impulsgenerator dauerhaft implantiert wird. Für die Okzipitalis-Stimulation liegen zur Behandlung von chronischen Clusterkopfschmerzen nur kleine offene Fallserien vor. Die Wirksamkeit scheint etwa gleich bis besser zu sein als die der Tiefenhirnstimulation mit dem Vorteil weniger schwerer Nebenwirkungen. Die Okzipitalis-Nervenstimulation ist weniger invasiv und weniger komplikationsträchtig als die Tiefenhirnstimulation. Bei therapierefraktären Verläufen trotz spezialisierter Behandlung kann im Einzelfall im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie dieses experimentelle Verfahren erwogen werden. Aufgrund des Wirkmechanismus kann eine indirekte schmerzmodulierende Wirkung vermutet werden, auf den eigentlichen Verlauf der Erkrankung ist kein Einfluss zu erwarten. Dabei ist auch immer die große Spontanfluktuation von Clusterkopfschmerzen zu berücksichtigen.

Bei Anwendung der beidseitigen N. occipitalis-Stimulation zur Behandlung des therapierefraktären chronischen Clusterkopfschmerzes kann von einer mittleren Reduktion der Attackenintensität um 50% ausgegangen werden. Die erforderliche zusätzliche Akutmedikation wird im Mittel um 77% reduziert. Die Ergebnisse zeigen, dass es sich nicht wie bei der sonstigen vorbeugenden Therapie von Clusterkopfschmerzen um ein komplettes Sistieren der aktiven Periode handelt, sondern nur eine teilweise Reduktion der Attackenintensität und -frequenz zu erwarten ist.

Die Okzipitalis-Nervenstimulation ist derzeit noch keine Therapieoption in der offenen Versorgung von Patienten mit Clusterkopfschmerzen. Sie ist jedoch bei therapierefraktären Verläufen die zu präferierende Option, wenn eine invasive Behandlung erwogen werden soll.

Neurostimulation des Ganglion sphenopalatinum (GSP)

Schoenen stellte 2011 die Neurostimulation des Ganglion sphenopalatinum (GSP) zur Behandlung von Clusterkopfschmerzen vor. An der Studie (Pathway CH-1), die die Sicherheit und Wirksamkeit des ATI-Neurostimulators untersucht, nahmen bislang 22 Personen teil; insgesamt sind für die Studie rund 40 Patienten vorgesehen. Von 7 dieser 22 Patienten liegen Stimulationsdaten aus der Titrationsphase vor. Eine Schmerzlinderung innerhalb von 15 Minuten (primärer Endpunkt der Studie) wurde bei 67 % der behandelten Kopfschmerzattacken (n=48) erreicht. Gleichzeitig hat sich mit der Stimulation die Häufigkeit der Kopfschmerzen bei der Mehrheit der Patienten verringert; im Vergleich zu dem 4-Wochenzeitraum vor Beginn der Studie sank die Kopfschmerz-Häufigkeit während der Studie bei 70 Prozent der Patienten um mindestens 50 Prozent ab. Das Verfahren soll auch bei chronischer Migräne untersucht werden.

Das in der Erprobungsphase befindliche Neurostimulationssystem besteht aus einem neuartigen implantierbaren Mini-Stimulator. Er ist etwa mandelgroß und wurde für die Behandlung starker Kopfschmerzen einschließlich Clusterkopfschmerz und Migräne entwickelt. Dieser Neurostimulator wird ohne sichtbare Narben oder kosmetische Beeinträchtigungen in das Zahnfleisch implantiert. Die Elektrodenspitze des Implantats wird an das Ganglion sphenopalatinum (GSP) hinter dem Wangenknochen platziert. Nach Implantation des Mini-Stimulators kann der Patient über eine externe Fernsteuerung, die einem großen Mobiltelefon ähnelt, bei Bedarf die Stimulation auslösen, die zur Linderung des Kopfschmerzes führt. Nach Behandlung der Schmerzen wird das Fernsteuergerät wieder von der Wange genommen und die Stimulationstherapie damit ausgeschaltet.

An der multizentrischen Pathway CH-1 Studie werden in einer Titrationsphase die Stimulationsparameter eingestellt und ggf. angepasst. Danach werden die Kopfschmerzen der Patienten im Rahmen einer experimentellen Phase in randomisierter Form mit einer von drei verschiedenen Stimulationsdosen behandelt, darunter ein Placebo.