Die richtige Selbstbehandlung

Kopfschmerzen sollten Sie auf keinen Fall einfach hinnehmen, denn eine effektive Behandlung der Schmerzen kann dazu beitragen, dass die Häufigkeit und Schwere von Anfällen vermindert werden. Aus diesem Grunde sollten bei behandlungsbedürftigen Schmerzen stets Substanzen eingesetzt werden, die in der Lage sind, den Schmerz effektiv zu reduzieren oder zu beseitigen. Man nutzt sich und seinem Körper nicht, wenn man Schmerzen aushält. Im Gegenteil: Durch dauernde Schmerzen kommt es zu Veränderungen im Körper, die langfristig zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Körperfunktionen führen können.

Abwarten ist der falsche Weg

Für die Behandlung von Kopfschmerzen ist es wichtig, dass die Kopfschmerzmittel – bei Migräne in erster Linie Triptane – möglichst frühzeitig eingenommen werden. Gerade bei der Migräne kommt es sehr häufig im Laufe der Attacke zu einer Störung der Aufnahmefähigkeit von Magen und Darm. Die Wirkstoffe können dann nicht mehr an ihren Wirkort gelangen und ihre Wirkung entsprechend nicht entfalten. Aus diesem Grunde empfehle ich – insbesondere bei Migräne – das Medikament sehr frühzeitig einzunehmen. Eine späte Einnahme kann dazu führen, dass ansonsten sehr wirkungsvolle Medikamente ihre Wirkung nicht ausüben können und die Schmerzen dadurch lange anhalten. Triptane haben allerdings auch meist dann noch gute Wirksamkeit, wenn sie im späteren Zeitpunkt der Attacke eingenommen werden.

Triptane sind Mittel der 1. Wahl bei Migräne, da sie ganz effektiv und spezifisch Attacken kupieren. Eine genaue Übersicht über die Triptane finden Sie in der linken Spalte.

Zäpfchen, Spray und Fertigspritze bei Übelkeit und Erbrechen

Bei Migräneattacken mit Übelkeit und Erbrechen haben sich Nasenspray und Zäpfchen als besonders vorteilhaft erwiesen. Eine weitere Möglichkeit ist, mit einer Fertigspritze sich das Medikament selbst unter die Haut zu spritzen. Grund: Der Magen wird umgangen, der Wirkstoff kann direkt aufgenommen werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Wirkstoff nach der Aufnahme nicht unmittelbar die Leber passiert und dadurch eine zusätzliche Wirkverbesserung erzielt werden kann.

Zusätzliche Verhaltensmaßregeln

Es gehört zu einer der ersten Maßnahmen in der Behandlung des Migräneanfalles, eine Reizabschirmung einzuleiten. Man sollte sich deshalb nach Möglichkeit immer in ein ruhiges und abgedunkeltes Zimmer zurückziehen.

Da die Lärm- und Lichtempfindlichkeit vielen Betroffenen gut bekannt ist, aber aufgrund der Alltagsbedingungen eine Reizabschirmung nicht immer möglich ist, versuchen sich viele Menschen durch schnelle und übermäßige Einnahme von Medikamenten arbeitsfähig zu erhalten. Diese Situation ist ein wesentlicher Grund für einen medikamentösen Fehlgebrauch mit der Gefahr eines Dauerkopfschmerzes durch Medikamentenübergebrauch. Auch wenn ein Medikament sehr gut und sehr schnell hilft, sollten Sie trotzdem diese Ruhephase einhalten.

Behandlung der Migräneattacke bei leichter Behinderung

Leichte Migräneattacken lassen sich durch

  • langsamen Beginn der Kopfschmerzintensität,
  • schwache bis mittlere Kopfschmerzintensität,
  • fehlende oder nur leichte Aurasymptome und
  • mäßige Übelkeit und fehlendes Erbrechen

von schweren Migräneattacken abgrenzen.

Zur Behandlung dieser leichten Migräneattacken sind folgende Kombinationen möglich:  ein Medikament gegen die Übelkeit (Metoclopramid oder Domperidon – beide verschreibungspflichtig) mit einem Schmerzmittel (Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol oder Phenazon ). Die Gabe eines Medikaments gegen Übelkeit und Erbrechen hat sich in der Behandlung der Migräneattacke als sinnvoll erwiesen, da sie einerseits direkt und gezielt die Symptome Übelkeit und Erbrechen reduziert, andererseits die Magen- und Darmaktivität normalisieren kann. Dadurch kann die Aufnahme des Medikamentes gegen die Schmerzen verbessert und beschleunigt werden. Bestehen bei leichten Migräneattacken überhaupt keine Übelkeit und kein Erbrechen, können Sie auch direkt das Schmerzmittel einnehmen und auf das Medikament gegen Übelkeit und Erbrechen verzichten.

Prinzipiell sollte eine Selbstmedikation an maximal 10 Tagen pro Monat durchgeführt werden, um Komplikationen zu vermeiden (siehe letztes Kapitel). Bei Migräne und anderen primären Kopfschmerzarten sollten Sie sich so schnell wie möglich in fachärztliche Behandlung begeben. Ihr Arzt kann Ihnen gleich zu Beginn Ihrer Kopfschmerzerkrankung die passenden Medikamente empfehlen und mit Ihnen zusammen den Verlauf beobachten und Sie unterstützen.

Metoclopramid und Domperidon

Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen können Begleitsymptome von Migräneattacken sein. Zusätzlich ist oft die Muskulatur des Magens in ihrer Beweglichkeit gestört und damit die Fortbewegung des Speisebreis. Sogenannte Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen) sollen diese Funktionsstörungen bei Migräne beheben. Die eingeschränkte Magenaktivität während der Migräneattacke führt dazu, dass die Schmerzmittel kaum in den Darm weitertransportiert werden. Folge: Die gewünschte Wirkung bleibt aus. Aus diesem Grunde sollten Sie 15 Minuten vor der Einnahme des Migränemittels ein Antiemetikum (Metoclopramid oder Domperidon) einnehmen. Innerhalb dieses Zeitraumes wird die Steuerung der Magenbeweglichkeit wieder normalisiert und das nachfolgend eingenommene Migränemittel kann dann seine Wirksamkeit entfalten.

Wirkung:
Normalisierung der Magen-Darm-Beweglichkeit, Linderung von Übelkeit und Erbrechen

Anwendung:
Metoclopramid: 20 Tropfen, bei frühem Erbrechen 1 Zäpfchen mit 20 mg;
Ersatzweise Domperidon: 30 Tropfen.
Beide Wirkstoffe sind auch in Tablettenform erhältlich.

Vorsichtsmaßnahmen:
Ein vorsichtiger Einsatz sollte bei Nierenerkrankungen und bei Kindern unter 14 Jahren erfolgen. Die Medikamente dürfen nicht eingesetzt werden bei Darmverschluss und -blutungen, Epilepsie, Bewegungsstörungen, bestimmten hormonbildenden Tumoren und in Kombination mit MAO-Hemmern (magensäurehemmende Mittel).

Mögliche unerwünschte Wirkungen:
Selten treten Müdigkeit, Schwindel oder Durchfall auf. Sehr selten können kurz nach der Einnahme Bewegungsstörungen in Form von unwillkürlichen Mundbewegungen, Schlund- und Zungenkrämpfen, Kopfdrehungen, Schluckstörungen oder Augendrehungen auftreten. In diesem Fall liegt eine Überdosierung vor und Sie sollten einen Arzt rufen. Durch Gabe eines Gegenmittels können diese unangenehmen aber ansonsten ungefährlichen Erscheinungen schnell behoben werden.

Acetylsalicylsäure – der Klassiker

Unter den rezeptfreien Medikamenten besitzt die Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin, ASS) den stärksten schmerzlindernden Effekt bei Kopfschmerzen. Acetylsalicylsäure sollte möglichst als Brauselösung eingenommen werden, da dadurch eine besonders schnelle und sichere Aufnahme im Magen-Darmtrakt erfolgt. Ähnlich schnell ist auch die Aufnahme bei Verwendung einer Kautablette. Wird bei Verwendung einer normalen Tablette nicht genügend Flüssigkeit nachgetrunken (mindestens 250 ml), bleibt das Medikament aufgrund der migränebedingten Magen-Darm-Lähmung zu lange im Magen liegen, wird vom Darm nicht aufgenommen und kann dort unerwünschte Wirkungen in Form einer Magenschleimhautentzündung (Gastritis) mit Magenschmerzen hervorrufen.

Bei Jugendlichen beträgt die Dosierung von Acetylsalicylsäure 500 mg, bei Erwachsenen 1000 bis 1500 mg zur Erzielung ausreichender Wirksamkeit! Die Einnahme einer Tablette zu 500 mg bei Erwachsenen reicht bei Migräne definitiv nicht aus, vielmehr sind 2 Tabletten erforderlich. Die Wirkung setzt in der Regel nach 20 bis 60 Minuten ein.

Wirkung:
Schmerzlindernd, fiebersenkend, entzündungshemmend

Anwendung:
Acetylsalicylsäure sollte als Brauselösung in 250 ml Wasser gelöst eingenommen werden. Das Medikament wird erst im Dünndarm in den Körper aufgenommen. Durch die Brauselösung passiert es schnell den Magen und kann so am besten seine Wirksamkeit erlangen. Die Beifügung von Vitamin C in Brausetabletten dient zur Bildung der sprudelnden Kohlensäure und einer erhöhten Magenverträglichkeit; sie ist keine Beimengung einer Substanz im Sinne von Kombinationspräparaten, ist also nicht nachteilig. Vorteilhaft ist insbesondere auch die Einnahme einer so genannten gepufferten Zubereitung, die sich positiv auf Magensymtome der Migräne auswirkt (z.B. Aspirin Migräne).

Vorsichtsmaßnahmen:
ASS darf nicht bei Magen- und Darmgeschwüren, Verengung der Atemwege, Asthma, Nesselausschlag (Urtikaria) und Störung der Blutgerinnung eingenommen werden.

Mögliche unerwünschte Wirkungen:

Selten treten Magenbeschwerden auf. Überempfindlichkeitsreaktionen, wie Hautausschläge oder Atemnot, Magendarmblutungen oder Verminderung der Blutplättchen sind ebenfalls selten.

Paracetamol

Es kann als Zäpfchen, Brausegranulat zum Trinken, als Kautablette, Saft oder Tropfen eingenommen werden.

Wirkung:
Schmerzlindernd, fiebersenkend

Anwendung:
Bei Kindern beträgt die Dosis 500 mg, bei Erwachsenen 1000 mg. Die Wirkung tritt in der Regel nach 30 bis 60 Minuten ein. Bei Erbrechen zu Beginn der Migräneattacke ist es sinnvoll, Paracetamol als Zäpfchen zu benutzen.
Paracetamol eignet sich nur bedingt zur Kupierung der leichten Attacken, da die Wirkdauer kurz und die Wirkstärke oft nicht ausreichend ist.
Aufgrund neuer Studienergebnisse sollte die Gabe von Paracetamol an Kinder nur noch sehr eingeschränkt empfohlen werden.

Vorsichtsmaßnahmen:
Bei Leber- und Nierenerkrankungen muss vorsichtig dosiert werden (Arzt befragen). Bei Glucose-6-phosphat-Dehydrogenasemangel darf Paracetamol nicht verwendet werden.
Mögliche unerwünschte Wirkungen: Paracetamol ist normalerweise gut verträglich. Sehr selten treten auf: Überempfindlichkeitsreaktionen, wie Hautausschläge oder Atemnot, Blutbildveränderungen und Blutdruckabfall bis zum Schock.

Wenn irgend möglich sollte auf eine Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft verzichtet werden.

Paracetamol sollte in der Schwangerschaft nicht verwendet werden. In einigen Studien ist der Verdacht aufgekommen, dass die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft das Risiko für einen Hodenhochstand (Kryptorchismus) erhöhen kann. Ebenso gibt es Hinweise darauf, dass das Asthmarisiko in der Kindheit erhöht ist, wenn die Mutter in der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen hat.  Belege für die ursächlichen Zusammenhänge sind strittig. Besser untersuchte Alternativen zu Paracetamol und alternativ Ibuprofen gibt es nicht. Ibuprofen darf allerdings nur in den ersten sechs Schwangerschaftsmonaten eingesetzt werden.

Ibuprofen oder Naproxen

Die Wirksamkeit von Ibuprofen in der Behandlung der Migräneattacke ist nicht so gut untersucht wie die der Acetylsalicylsäure. Die Substanz ist als Tablette, Brausegranulat, Zäpfchen und Kapsel erhältlich. Es wird angenommen, dass Ibuprofen der Acetylsalicylsäure und dem Paracetamol in seinem schmerzlindernden Effekt ähnlich ist. Die Einzeldosierung beträgt bei Kindern 200 mg, bei Erwachsenen bis 600 mg. Naproxen 500 mg bewährt sich wegen seiner langen Wirkdauer besonders bei langen Attacken und kann auch mit Triptanen kombiniert werden.

Wirkung:
Schmerzlindernd, entzündungshemmend, fiebersenkend

Anwendung:

Ibuprofen ist als Tablette, Granulatlösung oder Zäpfchen verfügbar.
Naproxen ist als Tablette oder Zäpfchen verfügbar.

Vorsichtsmaßnahmen und unerwünschte Wirkungen:
Die Vorsichtsmaßnahmen und unerwünschten Wirkungen unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der Acetylsalicylsäure.

Phenazon

In einer neueren Studie wurde bestätigt, dass das seit vielen Jahrzehnten eingesetzte Medikament Phenazon ebenfalls eine gute Wirkung in der Anfallsbehandlung der Migräne haben kann. Es ist gut magenverträglich und kann auch Übelkeit sowie Lärm- und Lichtempfindlichkeit reduzieren.

Wirkung:
Schmerzlindernd, fiebersenkend

Anwendung:
Bei Kindern beträgt die Dosis 500 mg, bei Erwachsenen 1000 mg. Die Wirkung tritt in der Regel nach 30 bis 60 Minuten ein. Bei Erbrechen zu Beginn der Migräneattacke ist es sinnvoll, Phenazon als Zäpfchen zu benutzen.

Vorsichtsmaßnahmen:
Bei Leber- und Nierenerkrankungen muss vorsichtig dosiert werden (Arzt befragen).

Mögliche unerwünschte Wirkungen: Phenazon ist normalerweise gut verträglich. Sehr selten treten auf: Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautausschläge, Blutbildveränderungen sind bei Überdosierung möglich.